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Gierige Banker – Klischee oder #nichtwiedudenkst ?

Veröffentlicht am 03. März 2016
Geschrieben von Dagmar Recklies

Sind Banker wirklich gierig oder ist es ein Jobklischee?

Das Bild vom gierigen Banker hält sich hartnäckig in den Köpfen. Jede neue Negativschlagzeile über den Bankensektor und jede Meldung über Rekordvergütungen stärkt das Klischee vom „Bonibanker“. Natürlich gibt es Verfehlungen, doch tut man mit dieser Verallgemeinerung nicht unzähligen ehrlichen Bankmitarbeitern Unrecht?

Lydia Krüger, die das sehr lesenswerte Blog Büronymus über die menschliche Seite der Arbeit betreibt, hat sich ebenfalls Gedanken über solche Vorurteile gemacht. Unter dem Hashtag #nichtwiedudenkst hat sie zu einer Blogparade aufgerufen, um mit gängigen Jobklischees aufzuräumen.

Ich habe selbst zehn Jahre in einer Bank gearbeitet und bin mit einem „Banker von der Pieke auf“ verheiratet. Da kommt mir diese Blogparade gerade recht, um mit ein paar Klischees von den gierigen Bankern aufzuräumen.

Wie sieht das Klischee vom gierigen Banker aus?

Wenn das Wort vom gierigen Bonibanker fällt, sieht man vor seinem inneren Auge regelrecht den allglatten Herrn im maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug. Dieser Herr hat nur eines im Sinn: die Maximierung

  • Die Maximierung des Gewinns der Bank und damit des Shareholder Values
  • Die Maximierung des eigenen Bonus

Praktischerweise ist beides direkt miteinander verknüpft. Je mehr der Herr Banker den Gewinn der Bank maximiert, umso mehr Bonus bekommt er. Ebenfalls praktischerweise wirkt diese Verknüpfung nur kurzfristig: Der Bonus für das letzte Jahr ist mit dem Bankgewinn des letzten Jahres verknüpft. Wenn die Gewinnmaximierungsmaßnahmen des letzten Jahres in drei Jahren zum Bummerang werden und zu horrenden Verlusten führen, maximiert der Herr Banker schon längst woanders Gewinne und Boni.

Um dabei eine maximale Maximierung zu erreichen, schreckt der gierige Banker vor nichts zurück.

Dabei stehen nicht einmal nur die hochbezahlten Investmentbanker in der öffentlichen Wahrnehmung. Selbst dem einfachen Kundenberater in der kleinen Bankfiliale vor Ort wird schon mal rücksichtslose Gier unterstellt.

Bei dem Stichwort „Investmentbanker“ oder „Händler“ denken die meisten gleich an unanständig hohe Boni. Außerdem fällt wohl jedem spontan irgendein Skandal ein. Wie war das doch mit Nick Leeson, der den Zusammenbruch der Barings Bank verursacht hat? In jüngerer Zeit hätten wir z.B. den EnBW-Skandal oder den Skandal um Jérôme Kerviel bei der Société Générale. Ja selbst vor einer Manipulation des wichtigen Leitzinssatzes LIBOR schreckten die gierigen Banker nicht zurück.

Aber selbst die Kundenberater vor Ort kommen nicht viel besser weg. Gab es da nicht mal den Firmenkundenberater, der dem Handwerker von gegenüber die dringend benötigte Erhöhung der Kreditlinie verweigert hat? Und wer hatte mir doch die Geschichte von dem Privatkundenberater erzählt, der einer Oma noch einen Bausparvertrag und eine Lebensversicherung aufgeschwatzt hat?
Außerdem ist auch bei der eigenen Hausbank eigentlich immer der Kreditzins zu hoch und der Einlagenzins zu niedrig. Dabei machen die doch Gewinne.

Damit nicht genug wollen die gierigen Banken auch auf Kosten ihrer Mitarbeiter die Gewinne maximieren. Immer wieder fusionieren Banken und Filialen werden geschlossen. Zur Begründung werden Kosteneinsparungen und die vielbeschworenen Synergieeffekte bemüht.

Soweit zum Jobklischee.

Wie sieht es in der Realität aus?

Natürlich gibt es sie, die wirklich gierigen Banker. Nick Leeson und Jérôme Kerviel sind genauso Realität wie die Menschen, die den LIBOR manipuliert haben. Nach meiner Erfahrung verhält es sich mit diesen bekannten Beispielen ein wenig wie mit Gewinnern vom Rekordjackpot bei Lotto:

Es schlägt selten ein. Aber wenn, dann so gründlich dass es alle mitbekommen. Von den zahllosen Lottospielern, die sich über einen Gewinn von 10,50 EUR freuen spricht niemand. Von den vielen grundehrlichen Bankmitarbeitern wird auch eher wenig gesprochen.

Deshalb sehen wir uns jetzt einmal diese unspektakuläre Masse an:

1. Im Bankensektor arbeiten nicht nur Investmentbanker und „schmierige“ Kundenberater. Dort arbeiten auch Personalsachbearbeiter, Controller, Buchhalter, Steuermitarbeiter, Hausmeister, Kreditsachbearbeiter, Gutachter, Assistenzen, Postausträger, …

Die meisten dieser Professionen haben auch in einer Bank kaum eine Möglichkeit, auf unredliche Art und Weise ihre Boni in astronomische Höhen zu schrauben. Sie arbeiten einfach nicht in Bereichen, in denen sie nicht unbemerkt das ganz große Rad drehen können.

2. Die allermeisten Bankmitarbeiter sind grundehrliche Menschen. Sie wollen einfach nur ihren Job machen und ihren Lebensunterhalt verdienen. Wie in allen anderen Branchen auch gibt es dabei solche und solche. Es gibt die ehrlich motivierten und engagierten und es gibt diejenigen, die sich nur so durchmogeln. Es gibt die ehrgeizigen und die, die bis zur Rente einen stressfreien Job machen wollen. Es gibt die freundlichen, kollegialen Mitarbeiter und diejenigen, die stets die Ellenbogen ausfahren. Und es gibt eben auch ein paar schwarze Schafe. Die gibt es aber in anderen Branchen auch.

3. Dicke Boni sind auch für die allermeisten Bankmitarbeiter ein Wunschtraum. Üblicherweise werden für das Fußvolk der tariflichen und außertariflichen Mitarbeiter die variablen Vergütungen in einer Betriebsvereinbarung geregelt und darin stehen klare Obergrenzen.

Selbst für leitende Angestellte, „Star-Händler“ und Bankvorstände wird es allmählich schwieriger, Rekordboni einzustreichen. Der Gesetzgeber hat nämlich auf hoch bezahlte Banker mit desaströsen Ergebnissen reagiert. Dazu hat er eine Regelung mit dem sperrigen Namen

Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) - Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten

geschaffen. Darin gibt es viele sehr detaillierte Vorschriften zur Ausgestaltung der Vergütungssysteme. Die sind so komplex, dass sich Heerscharen von Juristen eine goldene Nase daran verdienen, den Banken zu erklären, was sie noch tun dürfen und was nicht.

Ein wichtiger Inhalt der InstitutsVergV ist – vereinfacht gesagt – dass für die Mitarbeiter, die echte Schäden verursachen könnten, ein Teil ihrer Vergütungen erst zeitverzögert über mehrere Jahre ausgezahlt wird. In diesem Zeitraum sollten mögliche Spätfolgen von Fehlentscheidungen aufgetaucht sein, so dass man dann einen Teil der Vergütung einbehalten kann.

4. Sehr viele Bankmitarbeiter blicken mit Sorge auf den fortschreitenden Stellenabbau in der Branche. Denen steht der Sinn nicht nach Gier – die sind schon froh wenn sie ihren Arbeitsplatz behalten. Banker sind nämlich teilweise so spezialisiert, dass sie in anderen Branchen nur schwer einsetzbar sind.

Das gierige Wachstumsstreben der Banker

Auch das Wachstumsstreben der Bankenbranche als Ganzes muss in diesem Zusammenhang diskutiert werden.

Wachstum um des Wachstums willen ist durchaus kritisch zu sehen, wie ich bereits in diesem Beitrag erklärt habe:

„Dann gibt es noch ein paar weniger gute Gründe, nach Wachstum zu streben. Ich fürchte, diese Gründe stehen oft hinter allzu ambitionierten Plänen:

  • Alle erwarten es. Analysten, Presse, Fremd- und Eigenkapitalgeber, die Börse. Wie oft haben wir schon gesehen, dass der Aktienkurs eines Unternehmens kurzfristig einbricht, nur weil es ein geringeres Wachstum als im Vorjahr ankündigt. Wenn nicht auch die Wachstumsrate wächst, wird man schnell zum großen Verlierer abgestempelt.
  • Wohl beeinflusst von dieser öffentlichen Wahrnehmung macht sich so mancher Unternehmenslenker das Erreichen einer bestimmten Wachstumsmarke zum ganz persönlichen Ziel. Redewendungen wie „er will sich ein Denkmal setzen“ oder „Empire-Building“ kommen nicht von ungefähr.“

Doch man muss auch anerkennen, dass die Banken ein Stück weit regelrecht zum Wachstum verdammt sind:

  1. Wer für wachsende und international agierende Kunden dauerhaft ein geeigneter Geschäftspartner sein will, muss ebenfalls wachsen und international agieren.
  2. Man kann es gut finden oder schlecht – Fakt ist, dass die immer strenger werdende Bankenregulierung die Branche zunehmend belastet:
  • Die unter Basel III verschärften Vorschriften zur Eigenkapitalhinterlegung machen es den Banken schwerer eine von ihren Kapitalgebern erwartete Eigenkapitalverzinsung zu verdienen. Wer größer ist, hat da einfach mehr Möglichkeiten.
  • Die Kontroll- und Reportingvorschriften werden immer komplexer (Stichworte z.B. Meldewesen und Kreditrisikosteuerung). Damit stellt allein die Umsetzung der immer neuen Regelungen eine enorme Belastung für die Banken dar.
    Größere Banken mit ihrer größeren Belegschaft und entsprechenden Spezialisten können das noch einigermaßen abfangen.
    Kleinere Banken sind dazu nicht in der Lage. Dort sind die Finanz- und Stabsbereiche schon mit dem Tagesgeschäft gut ausgelastet. Sie müssen dann auf zentrale Lösungsangebote ihrer Verbände oder auf externe Berater zurückgreifen. Beides kostet Geld, das erst einmal verdient werden muss. Die Lösung liegt oft in einer Fusion.

Fazit

Das Klischee vom „gierigen Bonibanker“ ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Skandale und Rekordboni sind Realität. Doch das sind konkrete Fälle, die wegen ihrer Größe und Tragweite durch die Medien gingen.

Warum sollte es auch ausgerechnet im Bankensektor keine schwarzen Schafe geben?

Dieses Klischee verdrängt allerdings auch den Blick auf die zahllosen ehrlichen Bankmitarbeiter. Die wollen nicht betrügen und sich bereichern, sondern durch ehrliche Arbeit ein angemessenes Gehalt verdienen.

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Bildquelle: pixabay.com, geralt und eigene Bearbeitung

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